“Ernährung ist eine Frage der Haltung!”

 

Landtagskandidat Christian Meyer erläutert grüne Politik für den Ländlichen Raum

Vollbesetzt war die Kulturmühle in Buchhagen als der Grüne Landtagsabgeordnete und Direktkandidat Christian Meyer zum Thema “Agrarwende – Ein Gewinn für den Ländlichen Raum” bei ökologischem Kaffee und Kuchen referierte. Insbesondere Mitglieder der Bürgerinitiative gegen die Hähnchenmastanlage bei Dielmissen, aber auch zahlreiche interessierte Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um die grünen Vorstellungen zur Landtagswahl im Themenfeld Landwirtschaft, Tierschutz, Verbraucherschutz und Ländlicher Raum zu hören. Christian Meyer, der neben einem Milchviehbetrieb in Holzminden aufgewachsen ist, erklärte zunächst erfreut, dass nach einer aktuellen NDR-Umfrage die Grünen mit 33 Prozent die höchste Kompetenz bei Agrar- und Verbraucherschutz haben. “Erst nach uns komme die CDU und die angeblich so bauernfreundliche FDP erreiche nur 1 Prozent Agrarkompetenz in der Bevölkerung”, sagte Meyer mit Blick auf die Mitbewerber. Das zeige, dass die Grünen mit ihrer Politik für Bauernhöfe statt Agrarfabriken und gegen industrielle Massentierhaltung gerade im ländlichen Raum gut ankämen. Gegen den Hähnchenmaststall bei Dielmissen und für den Erhalt des Landschaftsschutzgebietes bei Polle seien inzwischen über 1000 Unterschriften gesammelt worden.

Die Grünen wollen eine bäuerliche Qualitäts-Landwirtschaft mit fairen Preisen und Regeln, statt Höfesterben, Arbeitsplatzverlusten und Massentierhaltung. Der agrarpolitische Sprecher seiner Fraktion belegte anhand aktueller Statistiken der Landesregierung den deutlichen Arbeitsplatzabbau in der Landwirtschaft durch die einseitige Ausrichtung auf die Agrarindustrie. “Hunderte Betriebe geben jährlich in Niedersachsen auf, gleichzeitig sind in der Zeit der CDU/FDP-Landesregierung über 30.000 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft verlorengegangen. Die Politik der CDU für den ländlichen Raum ist ein Jobkiller!”, kritisierte Meyer.

Gleichzeitig werde in der Werbung eine heile Agrarwelt mit artgerechter Tierhaltung vorgegaukelt, um den Verbraucher vor den Folgen industrieller Lebensmittelproduktion zu täuschen. Der Name “Wiesenhof” etwa suggeriere Hühner-Freilandhaltung auf “Wiesen” in kleinen Beständen in bäuerlichen Familienbetrieben mit Fachwerkhaus. Die Realität sind aber geschlossene Industrieställe mit Hunderttausenden von Hühnern, hohem Antibiotika-Einsatz und zahllosen Skandale in der Massentierhaltung.

“Die oft grausame Realität in der industriellen Massentierhaltung mit 25 zusammengedrängten Hühnern pro Quadratmeter, amputierten Schnäbeln von Puten und Hühnern, sowie abgeschnittenen Ringelschwänzen bei Schweinen”, werde dem Verbraucher bewusst vorenthalten und verschwiegen, sagte Meyer. Nur wenn der Verbraucher die Haltungsform, wie bei den Käfigeiern erkennen könne, habe er echte Wahlfreiheit und greife zu tierschutzfreundlicheren Produkten. “90 Prozent der Verbraucher kaufen zum Beispiel erfreulicherweise keine mit Käfighaltung gekennzeichneten Eier. Wenn die gleichen Eier aber in Backwaren, Majonaise oder Nudeln unerkannt untergemogelt werden, kann der Verbraucher dies nicht auf den ersten Blick erkennen.” Die Grünen forderten daher eine klare Pflichtkennzeichnung von tierischen Produkten nach Haltungsform. “Nur so könne sich eine umweltgerechte Produktion durchsetzen”, so Meyer. Im Landkreis Holzminden gibt es mit dem Roten Höhenvieh, den Auerochsen und einer Reihe von Biohöfen bereits gute Alternativen für regionale Wertschöpfungsketten. Hier gilt es eigene Marken wie etwa Solling-Weiderind oder Weserbergland-Weidemilch zu entwickeln, um für gute Produkte auch einen guten Preis zu erzielen. Die aktuellen Milchpreise von um die 30 Cent seien deutlich zu niedrig. “Milch ist billiger als Wasser, dabei müssen dafür Landwirt und Kuh hart arbeiten”, sagte Meyer. Die Grünen unterstützten daher als einzige Partei die Forderungen des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter nach einer Mengenregulierung in Bauernhand für faire Milchpreise. “Immer größere Bestände führen nur zu Überproduktion, Abhängigkeit und Preisverfall”, sagte Meyer. Die geplante Massentierhaltung von 80.000 Hühnern bei Dielmissen lehnen die Grünen daher klar ab. “Das ist Tierquälerei und kann für die Anwohner mit Krankheitserregern und Keimen böse Folgen haben. Schon jetzt werden Tiermäster in Krankenhäusern als Risikopatienten auf resistente Keime getestet. Humanmediziner warnen eindringlich vor dem massiven Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung”, sagte Meyer und wies daraufhin, dass sich die offizielle Zahl des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung auf 1700 Tonnen verdoppelt habe. Nach Studien des Landes werden ein Viertel aller Hühner in 30 Tagen mit bis zu acht verschiedenen Antibiotika behandelt. “Das ist nicht normal”, schüttelten viele Gäste in der Diskussion den Kopf. Laut Angaben der Bundesregierung sterben über 15.000 Menschen jährlich an Krankenhauskeimen, deren Resistenzen immer öfter in der industriellen Tierhaltung entstehen. Die Grünen wollen daher nach dem Vorbild NRW’s in zwei Jahren den Antibiotika-Einsatz in den Ställen mehr als halbieren. “Das ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes genauso überfällig, wie Filter für die Mastanlagen”, forderte Meyer.

Auch eine Ziegenfabrik bei Polle komme nicht in Frage, so Meyer. Die Abwasserpipeline für das Unternehmen Petri sei aus Sicht der Grünen “ein unnötiges Geschenk des Steuerzahlers und werde die Gebührenzahler in der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle hoch belasten. Das zeigt die erneute Gebührenanhebung, die bei Nutzung von Alternativen und Einsatz des Verursacherprinzips nicht notwendig gewesen wäre und sicher auch gerichtlich überprüft wird.” Noch seien auch nicht alle Grundstücke für die Pipeline vorhanden, daher sei der erneute Spatenstich möglicherweise etwas voreilig und allein dem Wahlkampf geschuldet, vermutete Meyer.

Studien zeigten, dass eine artgerechte Haltung mit robusten Tieren im Freiland deutlich weniger Antibiotika benötige, da hier nur kranke Tiere und nicht alle 80.000 im Stall behandelt werden. Die artgerechte Tierhaltung und gesunde Ernährung werde in Niedersachsen jedoch zuwenig gefördert, sagte Meyer und verwies auf Millionensubventionen für Riesenschlachthöfe in Celle und Nienburg. Beim Ökolandbau ist Niedersachsen mit 2,8 Prozent der Nutzfläche leider Schlusslicht. Dabei steige die Nachfrage nach Biolebensmitteln jedes Jahr um 5 bis 10 Prozent. Auch in Kindergärten und Schulen müssen der mündige Verbraucher und gesunde Ernährung eine größere Rolle spielen, sagte Meyer. “Wir Grüne wollen, dass Niedersachsen am EU-Schulobstprogramm teilnimmt und sich nicht länger verweigert. Damit könnte auch ökologischen Obstbauern geholfen werden und Kinder an gesunde Nahrung statt Industriefleisch herangeführt werden.”

Christian Meyer, der auf Platz 4 der Landesliste ganz vorne bei möglichen Koalitionsverhandlungen mit der SPD platziert ist, kündigte eine Stärkung des Ländlichen Raums nach der Landtagswahl an. Die Benachteiligung des Landkreises Holzminden und seiner Kommunen etwa beim Kommunalen Finanzausgleich müsse aufhören. “Wir wollen in gute Bildung, Mobilität, soziale Gerechtigkeit und Lebensqualität investieren. Das muss uns das Land auch ermöglichen”, so Meyer, der gezielte Strukturhilfen für das Weserbergland forderte. “Es könne nicht sein, dass nur den Landkreisen um uns herum mit Millionenspritzen geholfen wird, aber unsere bisherige Sparsamkeit bestraft wird. Gute Schulen gehören zum ländlichen Raum dazu, wie Mobilität.” Das wollen die Grünen im Wahlkampf deutlich machen. Meyer hoffte: “Bei der Kommunalwahl haben wir kreisweit zweistellige Ergebnisse erzielt und sind in Polle mit dem Protest gegen die Ziegenfabrik stärkste Partei geworden.” Bei der Landtagswahl am 20. Januar gehe es um viel, gerade auch um den Erhalt des Landkreises Holzminden. Innenminister Schünemann habe im Gegensatz zu SPD und Grünen nach der Wahl Zwangsfusionen angekündigt. “Das ist mit uns nicht zu machen. Wir kämpfen für einen starken Landkreis Holzminden!”, appellierte Meyer an die Zuhörer für einen echten Politikwechsel zu stimmen.

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