„Planungen auf dem Rücken der Gebührenzahler“ - Grüne in Polle, Samtgemeinde und Kreis gemeinsam gegen geplante Abwasserleitung Brevörde-Holzminden

Polle. Die grünen Fraktionen im Gemeinderat Polle, im Samtgemeinderat Bodenwerder-Polle und im Kreistag haben sich auf einer gemeinsamen Sitzung weiter konsequent gegen die geplante Abwassertransportleitung von Brevörde nach Holzminden ausgesprochen.

„Bereits jetzt sind erhebliche Gebührensteigerungen in Polle im Zusammenhang mit der Planung der Pipeline erfolgt und wir fürchten bei Realisierung weitere Belastungen der Bürgerinnen und Bürger“, sagte die grüne Bürgermeisterin Ulrike Weissenborn aus Polle.

Die Grünen bezweifeln die Notwendigkeit der Leitung und kritisieren die mangelnde Prüfung von Alternativen, wie z.B. eine ordnungsgemäße Vorklärung der Molkereiabwässer durch die Firma Petri. Der Fraktionssprecher der Grünen im Samtgemeinderat Bodenwerder-Polle Andreas Kretschmer verlangt vom Wasserverband mehr Transparenz und die öffentliche Darstellung und Prüfung von Alternativen, die die Gebührenzahler nicht belasten. Nach Angaben des Landkreises handele es sich bei den Grenzwertüberschreitungen auf der Kläranlage Brevörde um ein Problem der  mangelnden Vorklärung der Abwässer des Unternehmens Petri und nicht um ein Kapazitätsproblem der bestehenden Kläranlage. So schrieb der Landkreis Holzminden auf eine grüne Anfrage wörtlich: „Würde das Abwasser im Unternehmen auf das für die Kläranlage Brevörde erforderliche Maß vorgereinigt – was eine Erweiterung der Vorbehandlungsanlage dort erfordern würde – würden ausreichend Abwasserbehandlungskapazitäten auf der Kläranlage zur Verfügung stehen.“ Eine solche Vorklärung durch das Unternehmen würde nach Einschätzung von Experten nur ca. 500.000 Euro kosten, die vom Unternehmen als Verursacher aufzubringen wären.

Für die jetzige Pipeline mit Kosten von über 2,6 Millionen Euro muss jedoch zu mehr als einer Million Euro der Gebührenzahler in der Alt-Samtgemeinde Polle und möglicherweise auch in der Alt-Samtgemeinde Bodenwerder aufkommen, wenn die Gebührenetats wie im Fusionsvertrag vereinbart, zusammengelegt werden. Die Grünen in den drei Parlamenten fordern daher gemeinsam die Nutzung von Alternativen ohne Transportleitung und die sofortige Rücknahme der Gebührenerhöhung.

Bestätigt fühlen sich die Grünen auch über die klaren Aussagen im Koalitionsvertrag von SPD und GRÜNEN auf Kreis- und Samtgemeindeebene. Dort ist schriftlich verankert, dass “der Landkreis die Abwasserleitung in keiner Weise – weder finanziell noch organisatorisch – unterstützen wird. Auf die sorgfältige Kontrolle der Vorgänge auf dem Heidbrink und bei der Abwasserentsorgung wird besonderer Wert gelegt. Das beinhaltet auch die Prüfung der Möglichkeiten einer ordnungsgemäßen und verbesserten Vorklärung”.

Für die Grünen heißt das, dass es den von der alten Mehrheit geplanten Kreiszuschuss von 200.000 Euro nicht geben wird. „Mit der SPD im Kreis ist vereinbart, dass es keine Bereitstellung von Geldern für die Abwasserleitung im Haushalt 2012 geben wird“, sagte der grüne Fraktionssprecher Christian Meyer. Auch Grundstücke für die Trasse über die Domäne und den Weserradweg dürfe der Kreis nicht bereitstellen. Dass die Trasse von Brevörde nun über die von der Firma Petri für die Ziegenfabrik vorgesehene Domäne Heidbrink führe, sei nicht akzeptabel.

Kretschmer weist daraufhin, dass es noch keinen Baubeschluss für die Transportleitung beim Wasserverband gebe. Es stehe die Zusage von Bürgermeister Lienig, dass das Projekt öffentlich vorgestellt werde und die Gebührenzahler nicht belastet werden dürfen.

„Im Samtgemeindeetat haben wir einen möglichen Zuschuss in Höhe von 100.000 Euro auf unsere Initiative mit einem Sperrvermerk versehen. Das heißt ohne öffentliche Ratssitzung und Beantwortung aller Fragen kann es keine Bewilligung geben“, so Kretschmer.

Der Fraktionssprecher im Kreistag und grüne Landtagsabgeordnete Christian Meyer kritisierte die Förderung vom Land Niedersachsen: „Minister Sander: möchte anscheinend kurz vor seinem Rücktritt noch seine Versprechungen gegenüber dem Unternehmen Petri erfüllen und die Leitung mit Steuergeldern rechtswidrig subventionieren, obwohl die aktuelle Förderrichtlinie eine Subvention für das Verschieben von Abwasser von A nach B explizit ausschließt.“

Mit einer schriftlichen Anfrage an die Landesregierung will der Landtagsabgeordnete nun wissen, welche Auflagen oder Bedingungen an den Förderbescheid des Ministers gebunden sind. Soll nur das Abwasser der Firma Petri oder alle Haushaltsabwässer zur Kläranlage nach Holzminden gebracht werden? Was passiert dann mit der bestehenden Kläranlage in Brevörde, die erst 2037 abgeschrieben ist? Die Landesregierung muss die Fragen nach der Geschäftsordnung des Landtags bis Mitte Januar beantworten.

Außerdem weisen die Grünen auf die anstehende Gerichtsentscheidung im Frühjahr vor dem Oberlandesgericht hin, nachdem 76 Poller Bürger in der ersten Instanz gegen den Wasserverband gewonnen hatten und die jetzige Gebührenerhöhung aufgrund der Einkalkulation der Abwasserleitung für „unbillig“ erklärt wurde.

„Bereits jetzt sind in den saftigen Gebührenerhöhungen in der Alt-Samtgemeinde Polle Kosten für eine Pipeline enthalten. Das wird vom Wasserverband vor Gericht auch nicht mehr bestritten“, sagte der Mitkläger und Poller Gemeinderatsmitglied Dieter Klenke.

Die Grünen halten daher die erfolgte Scheckübergabe des Ministers für voreilig, da weder von Landkreis, Samtgemeinde noch Gemeinde grünes Licht erteilt wurde, noch alle Grundstücke für die Trasse zur Verfügung stehen und die Landesförderung unzulässig sei.

„Man kann nicht 2011 aufgrund einer 2007 beendeten Richtlinie Gelder beantragen und bekommen. Das ist ein willkürlicher Freundschaftsdienst und wäre so wie wenn ein Unternehmer nach den Steuerregeln von vor 4 Jahren behandelt werden möchte“, kritisierte Meyer. Das werde auch eine von den Grünen angestrengte Überprüfung durch den Landesrechnungshof und die Landtagsjuristen ergeben, die jedoch noch dauern könne. “Die jetzigen Planungen auf dem Rücken der Steuer- und Gebührenzahler lehnen wir eindeutig ab”, so Weissenborn, Kretschmer und Meyer.

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