Illegale Baumaßnahmen für die Ziegenfabrik auf der Domäne Heidbrink?

Grüne kritisieren drastische Gebührenerhöhung für Abwasserpipeline Brevörde-Holzminden

Nach der Anfrage der Kreisgrünen zu den Baumaßnahmen auf der Domäne Heidbrink bei Polle und den Kosten für die geplante Abwassertransportleitung von der Kläranlage in Brevörde nach Holzminden hat die Grüne Kreistagsfraktion jetzt eine umfangreiche Antwort vom Landkreis bekommen. Die Antworten auf insgesamt 24 Fragen wollen sie im Internet unter www.gruene-holzminden.de veröffentlichen. Hintergrund waren massive Bodenauffüllungen im Landschaftsschutzgebiet Weserbogen, die nach Ansicht der Grünen mögliche Vorarbeiten für die umstrittene Ziegenmassentierhaltung darstellen können. Auch ein Stromkabel mit der Kapazität für eine Fabrik oder mehrere hundert Einwohner wurde per Düker durch die Weser verlegt.
Laut Landkreis wurde ein Antrag für das nötige Befreiungsverfahren für Eingriffe im Landschaftsschutzgebiet von Herrn Petri erst am 9.6.2011 gestellt. Dieses Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Ebenso wurde die abfallrechtliche Erlaubnis für die Bodenauffüllungen "für eine Verfüllung in deutlich geringerem Umfang" in Aussicht gestellt, aber noch nicht erteilt.
Der grüne Kreistagsabgeordnete Christian Meyer, der die Anfrage gestellt hat, verwundert diese Antwort. "Ohne Abschluss der naturschutz- und abfallrechtliche Genehmigung haben dort umfangreiche Erdarbeiten stattgefunden. Das ist nicht in Ordnung und nicht rechtmäßig", so Meyer. Er weist daraufhin, dass die Firma Petri bereits beim Abriss des denkmalgeschützten Rinderstalls für illegale Baumfällungen ohne Erlaubnis auf der Domäne zu einem Bussgeld in Höhe von 1315 Euro verurteilt wurde. Jetzt seien wieder Eingriffe in die Landschaft ohne oder abweichend von bestehenden Genehmigungen erfolgt. "Herr Petri nimmt es mit dem Landschaftsschutzgebiet wohl nicht sehr genau," so Meyer. Die Störung eines Dachsbaues im Zuge der Bauarbeiten wurde vom Landkreis als nicht verboten eingestuft. Ob mit den umfangreichen Baumaßnahmen bereits die Planungen für eine Ziegenfabrik bei entsprechenden Mehrheiten nach der Kommunalwahl vorbereitet werden, bezeichnet der Landrat als "spekulative Frage" und will sie nicht beantworten.
Zur Frage der umstrittenen Abwasserpipeline für die Firma Petri von Brevörde nach Holzminden, nennt der Landkreis hingegen erstmals Zahlen. Danach soll die Pipeline mindestens 2,6 Millionen Euro kosten. Davon subventionieren das Land, der Landkreis und die Samtgemeinde den Bau mit 1,475 Mio. Euro Steuergeld. Das Unternehmen Petri trägt mit 250.000 Euro weniger als 10 Prozent der Gesamtkosten. Die fehlenden 895.000 Euro sollen über einen Kredit finanziert und durch Entgelte finanziert werden. Würde man die knappe Million Euro fehlende Mittel auf die Bürgerinnen und Bürger der Alt-Samtgemeinde Polle umlegen, würden die Abwassergebühren um 91 Cent pro m³ steigen, bei Umlage auf die neue Samtgemeinde Bodenwerder-Polle sind es noch 5 Cent pro m³, so die Grünen.
Christian Meyer kritisierte diese Verlagerung der Wirtschaftsförderung auf den Steuer- und Gebührenzahler scharf:"Es kann nicht sein, dass vor allem die Bürger in der Alt-Samtgemeinde Polle für die Abwasserentsorgung eines privaten Unternehmers aufkommen sollen."
Dabei sei die Abwasserleitung zur Kläranlage Holzminden gar nicht notwendig, wenn die Molkerei ihre Vorklärung ordnungsgemäß erweitern würde. Dies bestätigt auch der Landkreis in seiner Antwort an die Grünen: "Würde das Abwasser im Unternehmen auf das für die Kläranlage erforderliche Maß vorgereinigt, würde - was eine Erweiterung der Vorbehandlungsanlage dort erfordern würde - ausreichend (!) Abwasserbehandlungskapazitäten auf der Kläranlage zur Verfügung stehen."
Ohne diese fehlende Vorbehandlung in Glesse kam es 2009 an 168 Tagen zu Überschreitungen der CSB-Grenzwerte. Zuständig für die Ahndung ist die Samtgemeinde Bodenwerder-Polle, schreibt der Landkreis.
Die Grünen im Kreis lehnen daher eine Abwassertransportleitung auf Kosten der Gebührenzahler ab, zumal die Kläranlage in Brevörde erst 2037 abgeschrieben sein wird.
Nach Informationen des grünen Landtagsabgeordneten Christian Meyer ist beim Umweltministerium des Landes bislang auch noch kein Antrag auf Millionenförderung eingegangen. Das bestätigte ihm Umweltminister Sander in der letzten Woche auf Anfrage im Landtag. Wie berichtet soll die Förderung trotzdem auf einer 2006 abgelaufenen Richtlinie erfolgen. Nach den aktuellen Vorgaben ist der Zuschuss von Umweltmitteln für Abwasserpipeline zwischen zwei Orten nicht förderfähig. Meyer hält die Vergabe daher für "rechtswidriges Gemauschel. Kein Unternehmer oder kommunale Gesellschaft kann nach über 5 Jahren einen Antrag stellen, nach alten Fördergrundsätzen behandelt zu werden. Das wäre eine willkürliche Parteinahme und Kungelei für einen befreundeten Unternehmer."
Noch gebe es aber Hoffnung, die Pipeline zu stoppen, meinen die Grünen. Der bislang geplante Zeitplan mit Baubeginn vor der Kommunalwahl sei bei weitem nicht eingehalten.
Auch bei den Stadtwerken Holzminden und großen Firmen in der Stadt bestehen weiterhin Bedenken zu den Folgen und Kosten der Abwasserpipeline durch den Landkreis. Ein vor Monaten angekündigter Vertrag zwischen dem Wasserberband und der Stadt ist noch nicht geschlossen, weil es noch Unstimmigkeiten gibt. Auch unterliegt der kommunale Zuschuss der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle weiterhin einem Sperrvermerk. Die Grünen-Fraktion in der Samtgemeinde hatte erfolgreich darauf gedrungen, dass die Mittelvergabe erst nach Diskussion in öffentlicher Sitzung, wenn überhaupt, erfolgen kann.
Christian Meyer kündigte an, weiterhin für Transparenz in der Angelegenheit zu sorgen und alles zu tun, um eine ünnötige Belastung der Gebührenzahler und den Bau einer Ziegenmassentierhaltung in Polle zu verhindern.

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