Grüne kritisieren FDP-Antrag für Ziegenfabrik bei Polle als „Klientelpolitik"

Meyer: „Landschaftsschutzgebiet darf nicht ohne die geforderten Unterlagen aufgehoben werden"

Polle. Mit klaren Worten hat die Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen aktuellen Vorstoß der Kreis-FDP zur beschleunigten Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes Wesertal für die umstrittene Ziegenfabrik bei Polle kritisiert. In einem Antrag für den nicht-öffentlich tagenden Kreisausschuss am Montag, den 7. Juni fordert die FDP-Kreistagsfraktion den Aussetzungsbeschluss zum Verfahren zur Löschung des Landschaftsschutzgebietes mit sofortiger Wirkung aufzuheben und das Verfahren ohne Rücksicht auf bisherige Zusagen möglichst schnell durchzuführen.

„Dieser Vorstoß der FDP ist eine ziemlich dreiste Klientelpolitik zugunsten eines Industrieprojekts auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger in der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle. Das eindeutige Wahlergebnis in Polle gegen die Ziegenfabrik bei der Samtgemeinderatswahl ist wohl immer noch nicht angekommen!" sagt der grüne Fraktionssprecher Christian Meyer.

Bei der Samtgemeindebürgermeisterwahl war der grüne Kandidat in der Gemeinde Polle mit sensationellen 38,9 % stärkste Kraft geworden, nachdem er sich klar gegen die Ziegenfabrik ausgesprochen hatte. In der Stichwahl hatte der neue Samtgemeindebürgermeister Joachim Lienig (SPD) nach seinem ebenfalls klaren Nein zur Massentierhaltung sogar 65 % in der ganzen Samtgemeinde bekommen. Die jetzt das Ziegenprojekt vorantreibende FDP war gar nicht erst angetreten.

Was die Grünen besonders entrüstet, ist das mit dem FDP-Antrag, auch mehrere Zusagen an die betroffene Gemeinde und die Öffentlichkeit gebrochen werden sollen.

Wie die Presse berichtete, hatte der Landkreis Holzminden am 12.10.2009 auf Forderung der Samtgemeinde und Gemeinde Polle das Verfahren zur Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes per Beschluss ausgesetzt und Landrat Waske hatte der Familie Petri asuführliche Fragen zur Tierhaltung, zum Landschaftsbild und zu den Emissionen von Gerüchen, Lärm, Bakterien und Staub gestellt. Die Samtgemeinde und Gemeinde hat die Fragen per Beschluss bekräftigt.

Nach Auskunft der Kreisverwaltung gibt es bis heute keine abschließend bewertbaren Unterlagen zu den verschiedenen Emissionen der Ziegenfabrik wie Lärm, Staub, Gerüchen, Bakterien, Keimen und den Gefahren des Q-Fiebers. Auch sind die Fragen einer artgerechten Ziegenhaltung weiterhin ungeklärt, nachdem das deutsche Tierschutzrecht nach verschiedenen Rechtsgutachten eine „ganzjährige Stallhaltung ohne Klettermöglichkeit" verbietet.

„Ohne qualifizierte Antworten auf diese Fragen sollte das Verfahren eigentlich ruhen", berichtet Meyer und das wurde auch der Samtgemeinde und mehreren Umweltverbänden mündlich zugesagt. Die alte Samtgemeinde Polle hatte im Vorfeld sogar parteiübergreifend beschlossen, das Vorhaben abzulehnen, sollten die Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt werden und keine vollständige Information der Öffentlichkeit erfolgen. Meyer: „Das hat auch die CDU in der Samtgemeinde mitgetragen und der Kreistagsabgeordnete Schmidt (CDU) bei Veranstaltungen der Bürgerinitiative gefordert."

Meyer: „Die FDP will diese Forderungen an das Unternehmen nun aushebeln und ohne Rücksicht auf Emissionen und Tierschutz die Fabrik mit 7500 Ziegen gegen den Bürgerwillen vorantreiben." Nach Angaben der Grünen würde im Falle der Annahme des FDP-Antrags nur noch eine „Schmalspurbeteiligung" von einem Monat in den Sommerferien erfolgen. Fragen der Emissionen, der Wasserentnahme, des Q-Fiebers und der Massentierhaltung würden nach dem Willen des FDP-Antrags ausgeklammert und könnten mangels qualifizierter Unterlagen des Antragstellers im öffentlichen Verfahren nur oberflächlich behandelt werden.

Die Grünen fordern deshalb eine ausserordentliche Kreistagssitzung und haben dazu auch bereits einen Antrag eingebracht, um eine Streichung des Landschaftsschutzgebietes Wesertal zu verhindern und die Angelegenheit öffentlich zu diskutieren. Meyer:„Die Entscheidung über die Verschandelung des Weserbogens bei Polle durch ein Industrieprojekt ist zu wichtig, um sie geheim tagenden Gremien wie dem Kreisausschuss zu überlassen." Die Bürgerinnen und Bürger hätten ein Anrecht auf ausführliche Informationen, die das Unternehmen bis heute nicht geliefert habe. Die Grünen gehen davon aus, dass die SPD ebenfalls den FDP-Antrag ablehnen wird und hoffen, dass auch CDU und UWG eine solche Abkehr von früheren Beschlüssen gegen den Bürgerwillen nicht mitmachen.

In dem grünen Antrag erinnern sie ausdrücklich daran die betroffene Samtgemeinde und Gemeinde am Verfahren, wie zugesagt, zu beteiligen. „Ohne Vorlage der im Oktober 2009 angeforderten Unterlagen für bewertbare Emissionsgutachten zu allen Fragen und eine konkrete Angabe zum Verbleib der Lämmer und der Tierhaltung ist eine Teillöschung des Landschaftsschutzgebietes nicht zu verantworten," schreiben die Grünen.

Die Familie Petri habe keinen Rechtsanspruch auf Fortgang des Verfahrens zur Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes. Die Entscheidung über eine Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes stehe dem Kreistag frei. Meyer:„Bei den bekannten Fakten kann das aus Gründen des Umwelt- und Tierschutzes, sowie des Tourismus nur eine Ablehnung der Ziegenfabrik im schönen Weserbogen bei Polle sein."

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