Ziegenfabrik auf dem Heidbrink verstößt gegen das Tierschutzgesetz

Grüne legen Rechtsgutachten zur ganzjährigen Stallhaltung ohne Freigang vor

Polle. Die Diskussion um die geplante Haltung von über 7000 Ziegen auf dem Heidbrink bleibt umstritten. Nach einem im Auftrag des grünen Landtagsabgeordneten Christian Meyer erstellten Rechtsgutachten des Juristen Dr. Christoph Maisack von der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN) ist die von der Firma Petri geplante ganzjährige Stallhaltung nicht zulässig und ein eindeutiger Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Dr. Maisack ist Richter und einer der führenden juristischen Kommentatoren des Tierschutzrechts.

In seiner Stellungnahme an die Grünen, die inzwischen auch dem Landkreis Holzminden vorliegt, kommt er zu dem Schluss: "Eine baurechtliche oder immissionsrechtliche Genehmigung kann dem Ziegenhalter nicht erteilt werden, da das Vorhaben gegen das Tierschutzgesetz und damit gegen eine öffentlich-rechtliche Vorschrift verstößt." Der Landkreis sei zu einem Einschreiten gegen die Ziegenfabrik verpflichtet, da eine ganzjährige Stallhaltung ohne Freilauf nicht zulässig und artgerecht sei.

Grundlage für diese Einschätzung ist eine Vorgabe des Europarates zur Haltung von Ziegen von 1992. Danach sollten "Ziegen möglichst nicht das ganze Jahr über im Stall gehalten werden", da die Tiere einen großen Bewegungsdrang haben. "Sie sollten daher regelmäßig ins Freie gelassen werden." Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999 sind diese Empfehlungen als "verbindliche Vorgaben" für die Beurteilung von Tierhaltungen mit dem Tierschutzrecht von den kommunalen Genehmigungsbehörden heranzuziehen. Auch wenn es nur eine Sollvorschrift darstelle, sei sie bei der Ziegenfabrik auf dem Heidbrink zwingend heranzuziehen, da Ausnahmen nur bei alten, bestehenden Ställen zulässig sind. Bei Neubauten ist eine "Sollvorschift ebenso verbindlich wie eine Muss-Vorschrift", begründet der Tierschutzexperte ausführlich die Rechtslage. Die Auffassung des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums in einer Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer, dass eine ganzjährige Stallhaltung zulässig sei, stellt das "Regel-Ausnahme-Verhältnis" auf den Kopf und verkennt die Bedeutung von Sollvorschriften in Gesetzestexten. Der Landkreis dürfe die Ziegenfabrik daher in der bisherigen Form nicht genehmigen, fasst der Nutztierexperte seine juristische Einschätzung, die bei einer späteren Klage relevant wäre, zusammen.

"Welchen Sinn hat eine Haltungsrichtlinie, wenn jeder Ziegenhalter sie einfach umgehen könnte?", kritisiert Maisack, die Haltung der CDU-FDP-Landesregierung als rechtlich abwegig und gibt den Kritikern der Ziegenfabrik damit reichlich Argumentationshilfe. "Denn die Firma Petri könnte natürlich artgerechte Ziegenhaltung mit reichlich Auslauf in kleinen Herden im Weserbergland betreiben", kommentiert Meyer die Stellungnahme. "Der Landkreis darf die Ziegenfabrik nicht genehmigen", forderte er. "Sie ist industrielle Massentierhaltung, ein Frevel im Landschaftsschutzgebiet, belastet die Gebührenzahler in Polle und vernichtet zahllose Arbeitsplätze in der artgerechten Ziegenhaltung."

Sowohl das Landwirtschafts- als auch das Umweltministerium unter den Ministern Ehlen und Sander haben sich früh für den Verkauf der Landesdomäne an Petri ausgesprochen. Meyer hält die juristische Auslegung der Landesregierung daher in der Sache für befangen. "Anscheinend soll die Ziegenfabrik unter offensichtlichen Rechtsbrüchen gegen den Willen der Bevölkerung durchgepeitscht werden", erinnert der Grüne auch an die illegale Baumfällaktion im Landschaftsschutzgebiet der Domäne. Der Kreistag müsse diesem "Industrieprojekt in einem der schönsten Flecken des Landkreises" jetzt mit der Ablehnung der Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes einen Riegel vorschieben, mahnt er in Richtung der anderen Parteien.

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